top of page

Unternehmen kaufen ohne Eigenkapital? Wie geht das?

Unternehmenskäufe sind in der Regel kapitalintensive Entscheidungen. Käufer und Verkäufer haben bestimmte Vorstellungen von Bewertungen und man kann viel und lange darüber diskutieren. Klar scheint: Jemand der ein Unternehmen kaufen will, braucht für diesen Kauf Geld. Dieses Geld kann man sich z.B. von einer Bank leihen. Aber man braucht immer einen bestimmten Anteil an Eigenkapital. Soweit die Theorie. Unternehmen zu kaufen ohne Eigenkapital klingt vor diesem Hintergrund nahezu unmöglich, aber in der Praxis habe ich oft genug Unternehmenskäufe organisiert, ohne dass der Käufer über größere liquide Mittel verfügt hat. Wie das geht, erkläre ich in diesem Beitrag.

 

Worin unterscheiden sich Eigen- und Fremdkapital?

Eigenkapital und Fremdkapital sind zwei grundlegende Arten von Finanzierungsmitteln, die ein Unternehmen verwenden kann, um seine Geschäftstätigkeit zu finanzieren. Der Hauptunterschied zwischen Eigenkapital und Fremdkapital liegt in der Art und Weise, wie diese Mittel beschafft werden und wie sie sich auf die Eigentumsverhältnisse und die finanzielle Struktur eines Unternehmens auswirken.

 

Eigenkapital

  • Eigenkapital repräsentiert das investierte Geld der Eigentümer oder Gesellschafter eines Unternehmens.

  • Es gelangt durch Einlagen von Gesellschaftern in das Unternehmen oder durch thesaurierte Gewinne, also Gewinne, die im Unternehmen belassen und nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden

  • Eigenkapital ist dauerhaft und gehört den Eigentümern des Unternehmens. Die Eigentümer tragen das Risiko, haben dafür auch Anspruch auf den Unternehmensgewinn.

  • Eigenkapital wird in der Bilanz auf der Passivseite ausgewiesen und stellt in der Risikobeurteilung eines Unternehmens eine wesentliche Größe dar. Klar: Je höher die eingezahlten Mittel, desto besser für das Unternehmen.


Fremdkapital

  • Fremdkapital besteht aus Schulden, die das Unternehmen bei Dritten aufnimmt, allen voran Banken.

  • Es handelt sich um Geld, das das Unternehmen von anderen geliehen hat und das zurückgezahlt werden muss, in der Regel mit Zinsen.

  • Fremdkapital hat eine begrenzte Laufzeit und muss zu bestimmten Fälligkeiten zurückgezahlt werden.

  • Die Eigentümer behalten die Kontrolle über das Unternehmen, haben jedoch die Verpflichtung, den sogenannten Kapitaldienst zu leisten, also Zinsen zu zahlen und Tilgungen zu leisten, unabhängig von den Gewinnen des Unternehmens.

  • Fremdkapital wird in der Bilanz des Unternehmens ebenfalls auf der Passivseite ausgewiesen, erhöht jedoch die Verbindlichkeiten des Unternehmens. Je höher die aufgenommenen Verbindlichkeiten, desto höher der Schuldendienst.

 

Wie funktioniert die Finanzierung eines Unternehmenskaufs? 

Egal ob man beim Unternehmenserwerb alle Anteile (Share Deal) oder alle Gegenstände eines Unternehmens oder eines Betriebes kauft (Asset Deal) - man muss diesen Kauf idR finanzieren. Das Prinzip ist das gleiche wie bei einem Immobilienkauf: Banken stellen Akquisitionskredite zur Verfügung, die lange Laufzeiten aufweisen, wobei der Kapitaldienst aus den Erträgen des erworbenen Unternehmens bedient wird.

 

Wie viel Eigenkapital will die Bank?

Der Anteil variiert stark vom Risiko der zugrundeliegenden Transaktion – meiner Erfahrung nach kann man aber von mindestens 20% des Gesamtfinanzierungsbetrags ausgehen.

 

Wie funktioniert die Kaufpreisfindung?

Der Verkauf von Unternehmen ist bei meinen Kunden immer eine emotionale Überlegung. Die meisten Unternehmer, die ich kenne, verkaufen ein Unternehmen nur einmal – meistens ihr eigenes, wenn sie aussteigen. Hierin liegt eine große Schwierigkeit: Die Kaufpreisfindung. Es gibt eine Vielzahl von Bewertungsmethoden und Modellen, je nach Perspektive. Bei Verkäufern gibt es zudem die emotionale Kaufpreiskomponente, die meistens auf Wunschvorstellungen basiert („Unter EUR 5 Millionen verkaufe ich nichts!“). Ich habe schon öfter Diskussionen miterlebt in denen rationale Kaufpreisargumentationen auf emotionale Restriktionen gestoßen sind und Verhandlungen schließlich auch daran scheiterten. Erfahrungsgemäß lohnt sich eine zu lange Diskussion über Kaufpreise nicht – stattdessen sollten Verkäufer und Käufer ihre Energie für die gemeinsame Erarbeitung von Wertschöpfungspotenzialen fokussieren. Wenn eine gemeinsame Vorstellung von der Zukunft des Zielunternehmens gefunden ist, dann ist der Kaufpreis meistens sekundär.

 

Was sind gängige Kaufpreise für Unternehmen?

Hier gibt es eine Fülle an Forschung, Literatur, Modellen und Experten – ich kürze das ab und kann nur aus meinen Erfahrungen berichten. Üblicherweise kalkuliert ein Unternehmer so, dass er einen Zeitraum im Kopf hat, in dem das Zielunternehmen seinen Kaufpreis zurückverdienen muss. Beispiel: Der Unternehmenskauf sollte nach maximal 5 Jahren wieder zurückverdient sein. Eine Näherungsformel dazu wäre:

 

Kaufpreis (Zielunternehmen) = EBITDA (Zielunternehmen) x 5,00

 

Würde ein Unternehmen also ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von z.B. EUR 300.000 p.a. erwirtschaften, dann wäre der Kaufpreis hier EUR 1.500.000 (EUR 300.000 x 5,00).

 

Wie funktioniert die Finanzierung?

Ausgehend von dem Beispiel wäre der Kaufpreis EUR 1.500.000. Dieser Kaufpreis könnte z.B. mit 70% fremdfinanziert werden. Das würde dann so aussehen:

 

EUR 1.500.000 x 70% = EUR 1.050.000 Fremdkapital

 

Es bleiben also EUR 450.000 übrig, die als Eigenkapital für den Kauf aufgebracht werden müssen, damit die Bank das Fremdkapital zur Verfügung stellt.

 

Wo kommt das Eigenkapital her?

Im Gegensatz zur Theorie ist es in der Praxis selten der Fall, dass ein Unternehmen größere, freie Beträge zur Verfügung hat. Um beim Beispiel zu bleiben: EUR 450.000 müssten zum Zeitpunkt des Kaufes Cash zur Verfügung stehen. Diese dürften also nicht für die Finanzierung des operativen Geschäftes genutzt werden, sondern ausschließlich für die Finanzierung des Kaufpreises der Zielgesellschaft. Ich habe es in den vergangenen 20 Jahren fast nie erlebt, dass ein Unternehmer solche Beträge zur freien Verfügung gehabt hätte. Vielmehr war das Kapital vollständig in das operative Geschäft investiert.

 

Was kann man tun?

Damit die Transaktion dennoch zustande kommt, kann man das von der Bank geforderte Eigenkapital auch anders aufbringen, als in Cash. Der Schlüsselbegrifft hierzu heißt: Verkäuferdarlehen.

 

Was ist ein Verkäuferdarlehen?

Ein Verkäuferdarlehen ist eine Form der Finanzierung, bei der der Verkäufer einem Käufer einen Kredit gewährt, um den Kauf des Unternehmens zu finanzieren. Das Darlehen muss in der Regel innerhalb eines bestimmten Zeitraums zurückgezahlt werden und ist oft mit Zinsen verbunden. Der Verkäufer kann auch bestimmte Bedingungen für das Darlehen festlegen, wie beispielsweise die Stellung von Sicherheiten oder die Zahlung von Raten.

 

Was ist der Unterschied zum Earn-Out?

Oftmals wird das Verkäuferdarlehen Synonym zu einem Earn-Out verwendet, obwohl ein Earn-Out und ein Verkäuferdarlehen zwei unterschiedliche Arten von Finanzierungsinstrumenten sind, die häufig bei Unternehmensverkäufen eingesetzt werden. Der Hauptunterschied zwischen den beiden besteht darin, dass ein Verkäuferdarlehen eine Schuldenfinanzierung darstellt, während ein Earn-Out eine Beteiligungsfinanzierung ist, bei der der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises auf den zukünftigen Erfolg des Unternehmens ausrichtet. Der Kaufpreis ist dabei nicht vollständig bei der Übernahme zu bezahlen, sondern hängt davon ab, ob das Unternehmen bestimmte Ziele erreicht. Diese Ziele können beispielsweise der Umsatz, das Wachstum oder die Gewinne des Unternehmens sein. Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Verkäuferdarlehen und Earn-Outs ist die Art der Risiken und Chancen, die sie darstellen. Bei einem Verkäuferdarlehen trägt der Käufer das Risiko, das Darlehen zurückzuzahlen, während der Verkäufer ein regelmäßiges Einkommen aus den Zinszahlungen erhält. Bei einem Earn-Out trägt hingegen der Verkäufer das Risiko, da der zukünftige Erfolg des Unternehmens nicht garantiert ist. 

 

Was sind die Vorteile eines Verkäuferdarlehens?

Der wichtigste Vorteil ist, dass eine Transaktion zustande kommen kann. Der Verkäufer erhält beim Abschluss des Verkaufs jedenfalls den Fremdkapitalanteil, denn dieser wird sofort bezahlt. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Käufer den Aufwand komplexer Due Diligence Prüfungen vermeiden kann: Das Verkäuferdarlehen ist quasi eine Versicherung für den Käufer. Sollte der Kaufgegenstand (also das Unternehmen) entgegen der Vereinbarungen im Kaufvertrag Mängel aufweisen, kann dies zu einem Einbehalt des gestundeten Kapitalanteils führen. Ein weiterer Vorteil für den Verkäufer ist, dass er Zinserträge aus dem Darlehen erzielen kann, zumindest solange, bis das Darlehen getilgt ist.

 

Wie muss das Darlehen ausgestaltet sein?

Der Darlehensvertrag zwischen Käufer und Verkäufer sollte grundsätzlich marktüblich und drittvergleichsfähig sein. Außerdem sollte darin ein Rangrücktritt vereinbart werden. Das bedeutet, dass der Verkäufer in der Rangfolge seiner Forderung gegenüber dem Käufer nach dem der anderen Gläubiger (vor allem der Banken) stellt.

 

Ein entsprechendes Darlehen könnte z.B. so aussehen:

 

Beispielhafter Verkäuferdarlehensvertrag

 

 

Verkäuferdarlehensvertrag

 

Zwischen Zielunternehmen GmbH, nachfolgend "Verkäufer" genannt, und Käufer GmbH, nachfolgend "Käufer" genannt, wird folgender Verkäuferdarlehensvertrag abgeschlossen:

 

1. Darlehensbetrag und Bedingungen:

1.1 Der Verkäufer gewährt dem Käufer ein Darlehen in Höhe von EUR 450.000 (in Worten: vierhundertfügzigtausend) (nachfolgend "Darlehensbetrag").

 

1.2 Das Darlehen wird zu einem festen Zinssatz von 7,00 % pro Jahr vergeben.

1.3 Die Zinsen werden gemäß den Bedingungen dieses Vertrags berechnet und am Ende eines jeden Zahlungszeitraums fällig.

 

1.3 Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt in 5 gleichbleibenden Raten von EUR 90.000 über einen Zeitraum von 5 Jahren, erstmals zahlbar ein Jahr nach Abschluss der Transaktion gemäß den Bedingungen des Kaufvertrags.

 

2. Zahlungen und Zahlungszeitpunkte:

 

Zeitpunkt

Betrag vor Tilgung

Zins

Tilgung

Kapital dienst

Betrag nach Tilgung

Bei Abschluss

450.000




450.000

Jahr 1 nach Abschluss

450.000

31.500

90.000

121.500

360.000

Jahr 2 nach Abschluss

360.000

25.200

90.000

115.200

270.000

Jahr 3 nach Abschluss

270.000

18.900

90.000

108.900

180.000

Jahr 4 nach Abschluss

180.000

12.600

90.000

102.600

90.000

Jahr 5 nach Abschluss

90.000

6.300

90.000

96.300

0

 

2. Sicherheiten:

2.1 Als Sicherheit für die Rückzahlung des Darlehens behält sich der Verkäufer die Faustpfänder Armbanduhr Patek Philippe Nautilus, Ref. 5711/1a-014 Green Dial New 2021 und Armbanduhr Rolex Daytona, Ref. 126529LN 'Le Mans' White Gold Cosmograph, vor, die sich im lastenfreien Eigentum des Gesellschafters des Käufers befinden.

 

3. Verwendungszweck:

3.1 Das Darlehen wird ausschließlich für den Kauf der Zielgesellschaft gemäß Kaufvertrag verwendet.

 

4. Laufzeit und vorzeitige Rückzahlung:

4.1 Die Laufzeit des Darlehens beträgt 5 Jahre, beginnend ab dem Datum dieses Vertrags.

4.2 Der Käufer behält sich das Recht vor, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, jedoch unter Beachtung einer Vorfälligkeitsentschädigung von 1,0 % des ausstehenden Darlehensbetrags.

 

5. Rangrücktritt:

5.1 Im Falle einer Insolvenz des Käufers erklärt sich der Verkäufer damit einverstanden, dass die Forderungen aus diesem Darlehensvertrag gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger des Käufers nachrangig sind.

 

6. Sonstige Bestimmungen:

6.1 Jegliche Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen der Schriftform und der Zustimmung beider Vertragsparteien.

6.2 Dieser Vertrag unterliegt österreichischem Recht und wird in Übereinstimmung damit ausgelegt.

 


Fazit

Mein Beitrag zeigt, dass Unternehmenskäufe ohne Eigenkapital nicht nur möglich sind, sondern gängige Praxis, insbesondere durch die Nutzung von Verkäuferdarlehen. Dieses Finanzierungsinstrument ermöglicht es Käufern, den Kaufpreis eines Unternehmens auch dann zu stemmen, wenn sie über begrenzte liquide Mittel verfügen. Das Geld bleibt im Unternehmen, dennoch bekommt der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises in Cash. Beide Parteien gewinnen dadurch gleichermaßen, was dazu führt, dass weniger über Bewertungen diskutiert wird, sondern konstruktiv über die Zeit nach Abschluss des Verkaufs. Gleichzeitig werden Due Diligence Kosten gespart.

 

Disclaimer

Bitte beachten Sie, dass der vorliegende Text eines beispielhaften Darlehensvertrages in Punkt14. lediglich zu Informationszwecken dient und nicht als rechtlich bindendes Dokument betrachtet werden sollte. Jegliche Verwendung oder Anpassung dieses Musters sollte in Absprache mit qualifiziertem Rechtsbeistand erfolgen, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind. Wir übernehmen keine Haftung für etwaige Schäden oder Verluste, die durch die Verwendung dieses Musters entstehen könnten.

 
 
 

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page